Der Preis der Freiheit ist Verantwortung – Unternehmensethik und Leitbildentwicklung

Die Komplementär­größe zur Macht muß die Verant­wortung sein, eine bewusst reflektierte Verant­wortung.

Hans Jonas

Ein Buchtitel wurde nicht zufäl­lig reichlich strapaziert: die Risikogesellschaft (Ulrich Beck). Das Wort ist leicht nachvoll­ziehbar, weil wir alle tagtäglich mit Risiken leben und diese auch ziem­lich genau benennen kön­nen:  Autounfälle, Krebsrisi­ken, Stress, Kern­kraftwerke, strahlender Atom­müll, Klimawandel – nur eine kleine Auswahl der uns begleiten­den Risi­ken. Früher war es eine unberechenbare Natur, die menschli­ches Leben riskant machte – die mo­derne Technologie hat sie weitgehend gezähmt, uns aber neue Risiken zuhauf beschert. Man kann dies ignorieren und verdrän­gen oder eine Weltunter­gangs­stimmung mit ent­sprechen­den Szena­rien beschwören. Beides sind keine erwach­senen Verhal­tensweisen. Ich plä­diere für eine Kultur der Verantwor­tung als Weg der Mitte. Wo Verantwortung in einem dialogi­schen Pro­zess – dazu gehört auch der Streit – entwickelt und entfal­tet wird, setzt sie schöpferi­sche Potentiale für eine bewusste und menschli­che Zukunftsgestaltung frei.

Verantwortung in der organisierten Gesell­schaft

Damit der Ruf nach Verant­wor­tung aus dem Sta­dium der Sonntagsreden her­auskommt, braucht es vor allem eine Verantwor­tungskultur der Unterneh­men und Organisationen. Wir sind gewohnt ver­ant­wortliches Han­deln von Individuen zu verlangen. So wichtig das ist, es ist zu wenig in einer „organisierten Gesell­schaft“, die wir nun einmal haben. Ent­schei­dungen, die mit weitreichen­den Fol­gen und Risiken ver­bunden sind, werden heute nicht von ein­zelnen getroffen. In der Politik wird Ver­antwortung zwar be­stimmten Personen zuge­ordnet, doch ihre Entschei­dungen sind eingebettet in ein kompliziertes Geflecht von Gre­mien, Sit­zungen und Abstimmun­gen. Im Bereich der Wirt­schaft handeln Unterneh­men. „IBM hat entschie­den…“ „Daimler will…“ „BASF wird…“ – so lesen wir es täglich in der Zei­tung. Na­men von Per­sonen tau­chen nur am Rande auf. Ver­antwortlichkeit als Grundhaltung von Unter­nehmern muss ergänzt wer­den durch eine Verant­wor­tungskultur des Unterneh­mens. Dies gilt es durchzubuch­stabieren – unternehmens­poli­tisch, organisatorisch, im Hinblick auf die Personalentwicklung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit.

Sinn­volles Arbeiten

Ein konkreter Schritt dazu kann eine Leitbildentwick­lung sein. Damit stellt sich ein Unter­nehmen seiner Verantwor­tung. Natürlich kann man dies von einer Expertenkom­mission abar­beiten, vom ghost-writer klangvoll formu­lieren und vom Werbedesi­gner auf Hochglanz­papier stilisieren las­sen. Leitende Kraft wird von diesem Leicht-bild nicht aus­gehen. Ein Leit-bild, das diesen Namen verdient, erfüllt minde­stens fünf Funktionen: Es definiert die Identität des Unternehmens, formu­liert den Stil der Zu­sammenarbeit und der Füh­rung, es benennt mittel- und langfri­stige Zukunfts­per­spektiven und es beschreibt das eigene Selbstverständ­nis im gesamtgesellschaft­lichen Zusammen­hang. Leit­bildentwick­lung rührt also an den inneren Kern des Unternehmens. Es han­delt sich dabei um einen dia­logischen Prozeß innerhalb des Unter­nehmens und um eine Veröffentlichung der eigenen Werte, Ziele und Prioritäten. Wird dies mutig und behutsam in Gang ge­setzt, bringt es viele Chan­cen. Es gibt der Arbeit der Mitarbeitenden Sinn, zu dem sie auch öffentlich stehen können. Es wird das Unter­nehmen in die Öffentlichkeit bringen – nicht durch Skan­dale sondern durch unter­nehmerische Antwor­ten auf Anfragen der Menschen angesichts realer Risiken. In einer pluralen Medienge­sellschaft ist diese Form der Öffentlich­keits-Arbeit ein nicht zu unterschätzender strategischer Vorteil.

Öffentlicher Dialog statt Verordnungen

Zwischen Verdrängen und Beklagen von Problemen und Risi­ken liegt die unter­nehmerische Haltung der Verantwortung. Verantwor­tungskultur von Unterneh­men und Organisationen ist die Alternative zu ständig noch mehr Regulierung und Bürokratisierung. Anders ausgedrückt: Nehmen Un­terneh­men aktiv ihre Ver­antwortung wahr, dann muß der Gesetzgeber weni­ger eingreifen. Deshalb ist eine Kutur der Verantwortung von Organisationen und Unter­nehmen die konsequente Wei­terentwicklung der freien Marktwirt­schaft: Der Preis der Freiheit ist Verant­wortung.

Meinrad Bumiller

Ressource Ehrenamt

Das Ehrenamt ist unverzichtbar für die soziale Kultur, heute gern als Zivilgesellschaft bezeichnet. Ehrenamtliches Engagement ist Ausdruck der Solidarität unter den Indivi­duen und – was meist zuwenig bedacht wird – schafft auch diese Solidarität. Zwischen Familie, Markt und Staat bilden die vielfältigen zivilgesellschaftlichen Akteure „soziales Kapital“. Dies befähigt Gesellschaften, Wohlstand aufzubauen und gerecht zu verteilen. Diese Akteure – Verbände, Vereine, Kirchen, Kammern, Parteien, Bewegungen, Netzwerke – aber funktionieren vor allem durch ehrenamtliches Engagement.

Eine Kathedrale bauen und nicht Steine schleppen

Warum engagiert sich jemand ehrenamtlich? Warum opfert jemand Zeit und verzichtet auf Geld? Zwei unterschiedliche Motive spielen dabei eine wichtige Rolle. Das eine könnte man Vision oder Mission nennen – das andere Herausforderung oder Aufgabe.

Menschen möchten für etwas sinnvolles arbeiten, für etwas, das größer ist als sie selbst. Sie wollen an einer Kathedrale mitbauen und nicht nur Steine schleppen. Sinnvoll ist eine Aufgabe, wenn sie offensichtlich Menschen hilft, wenn sie beiträgt, dass gemeinsame Lebensqualität entsteht. Dabei muss nicht gleich die ganze Welt verbessert werden. Es kann einfach sein, dass junge Menschen in einer Stadt eine anspruchsvolle Sportart lernen und betreiben können. Oder dass es auch im ländlichen Raum Musikveranstaltungen und Theater gibt. Eine kleine oder große Vision wird zur Mission, die antreibt.

Das andere Motiv kommt von der konkreten Tätigkeit. Weil ich gerne Ski fahre, engagiere ich mich im Ski-Club, weil ich gerne singe, schließe ich mich einem Chor an und bin dann irgendwann vielleicht im Vorstand. Weil es spannend ist, Menschen aus einem anderen Kulturkreis zu begegnen, helfe ich mit, dass Flüchtlinge aus Syrien Deutsch lernen können – und lerne dabei sogar etwas arabisch. Ehrenamtliche suchen Herausforderungen nicht Hilfsdienste. Im optimalen Fall verbinden sich Vision und Aufgabe und geben Kraft für ein dauerhaftes Engagement.

Auch ein Freizeitkicker will in einer guten Mannschaft spielen

Ehrenamtliche Arbeit ist in der Regel anspruchsvoll. Niemand wird ein Gefallen getan – am wenigsten den Ehren­amtlichen – wenn Qualifikation durch „good will“ ersetzt wird. Ehrenamtliche sind meist hochmotiviert, enthusiastisch, engagiert – manche fürchten: unqualifi­ziert, inkompetent unerfahren. Eben Amateure und keine Profis. Sie erinnern daran, dass das Gegenteil von gut nicht schlecht ist, sondern gut gemeint. Ehrenamtliche bringen natürlich viele Kompetenzen mit aus Familie und Beruf. Angesichts komplexer Aufgaben in der modernen Welt brauchen sie aber unbestreitbar Aus- und Weiterbildung, auch Teament­wicklung und Supervision. Permanente Qualifizierung kann nicht genug betont werden. Sie ist notwendig im Blick auf die Zielgruppen ehrenamtlicher Helfer – z.B. Menschen in sozialer Not, oder junge Menschen, die in einer sportlichen Disziplin aktiv sind. Aber sie ist auch entscheidende Voraussetzung dafür, dass das Ehrenamt attraktiv ist, dass es Spaß macht. Auch ein Freizeitkicker will in einer guten Mannschaft spielen!

Qualifiziertes Arbeiten wird nicht nur durch Trainings gefördert, sondern auch durch Aus­tausch und Diskussion. Wer heute das knappe Gut Zeit investiert, will dafür nicht unbedingt ein Honorar, aber ganz sicher will er eine Entwicklung für sich selbst. Und Entwicklung geschieht vor allem dialogisch. Diskussionsforen von Ehrenamtlichen, die herausfordern, in Frage stel­len, Lernen ermöglichen, sind eine notwendige Bedingung. Entwicklung geschieht, wo nicht länger nur der eigene „Kirchturm“ im Mittelpunkt steht, sondern der Hori­zont geweitet wird. Ehrenamtliche in einem Verband oder Netzwerk wollen Verbindung und Vernetzung erleben.

Kultur der Rotation

Wo ehrenamtliches Tun eher schlecht als recht gemacht wird, die Unzufriedenheit bei Adressaten und den Engagierten selbst zunimmt, liegt es oft genug daran, dass jemand sein Ehrenamt viel zu lange innehat. Was mit Elan und Engagement begann, wurde zum Schrecken ohne Ende. Und wagt dann – meist viel zu spät – jemand ein offenes Wort, fordert also einen Ehrenamtlichen zur Beendigung seines Enga­gements auf, dann kann der dies eigentlich nur als mangelnde Wertschätzung von einem langjährigen und mühevollen Einsatz auffassen. Tief verletzt wird er oder sie den Platz räumen.

Weil dieses Phänomen nicht ganz selten ist, sollte es nicht mit Schuldzuweisungen individualisiert, sondern strukturell angegan­gen werden. Ehrenämter sollten zeitlich begrenzt sein. Dies kann durch Wahl oder Berufung oder Vereinbarung geschehen. Auf jeden Fall ermöglicht es für alle immer wieder einen Neuanfang, bringt Entwicklung anstatt Verkrustung. Ehrenamt braucht eine Kultur der Rota­tion. Im Übrigen ist es sinnvoll, wenn jemand, der im Auftrag einer Institution, einer Gemein­schaft tätig ist, dies nicht nur macht, weil er oder sie sich berufen fühlt, sondern weil er oder sie tatsächlich berufen wurde. Dies muss nicht für jedes Engagement gelten, aber sicher für Leitungs-Aufgaben. Eine „Demokratisierung“ des Ehrenamtes wertet die­ses auf – verhindert aber auch Ausnutzen und Abnutzen.

Vielfalt statt Einfalt

Mief in Vereinen und Organisationen hört dann auf, wenn Verschiedene mitmachen, wenn Vielfalt statt Einfalt das Ehrenamt kennzeichnet. Räume schaffen für das Ehrenamt heißt heute: Räume schaffen für verschiedenartige Menschen. Vielfältig denken und handeln, interdisziplinär, multikulturell und auch multireligiös; Engagement formieren aus Ehrenamtlichen und Profis, Männern und Frauen, Jungen und Erfah­renen, fachlichen und sozialen Kompetenzen. Gemeinschaften, Einrichtun­gen und Verbände, die in diesem Sinn vielfältig sind, wirken auch effektiv.

Ehrenamtliches Engagement hat etwas Anarchisches

Im Gegensatz zu Unternehmen, die sich dem Markt beugen müssen, zu großen Institutionen, die auf Subventionen angewiesen sind und zu Behörden, die viele Vorschriften beachten, können Menschen in Vereinen und Verbänden frei ihre Überzeugungen und Interessen leben. Okay, sie müssen sich an Verfassung und Recht halten – aber das ist ein weiter Rahmen. Ehrenamtlich Engagierte bringen dabei die geordnete Welt der Beamten und Funktionäre durcheinander. Sie improvisieren, wo letztere professionell planen; sie ersetzen Systematik durch Leidenschaft, Zielorientierung durch Experimentieren, Management durch Visionen. Manches davon mag sich nicht bewähren und geht unter. Aber insgesamt geschieht so gesellschaftliche Entwicklung. Die zivilgesellschaftliche Vielfalt verdankt sich dem Enthusiasmus von Laienschauspielern und Hobbymusikern, von Sensiblen und Mitfühlenden im Blick auf Armut und Not. Die heute großen und auch mächtigen Wohlfahrtsverbände begannen irgendwann als Initiative einer Handvoll Frauen und Männern, die Probleme sahen, Ideen hatten und den Mut zum Handeln. Ehrenamtliches Engagement hatte immer schon etwas Anarchisches.

Handeln nicht Herstellen

Die Philosophin Hannah Arendt hat, inspiriert von den alten Griechen, zwei Aktionsformen streng unterschieden: Handeln (griechisch: Praxis) und Herstellen (griechisch: Poiesis). Letzteres geschieht im Handwerk, braucht Werkzeuge und Technik. Ersteres entsteht vor allem aus dem Gespräch zwischen freien Menschen, die sich treffen, um etwas Sinnvolles zu tun. Sie gründen damit Gemeinschaft (Polis), werden politisch aktiv. Welt wahrnehmen, miteinander reden, spüren, was jetzt ansteht, etwas Neues anfangen – das macht für Hannah Arendt Handeln aus.

Ehrenamtliches Engagement ist Handeln nicht Herstellen – auch wenn das eine oder andere Werkzeug gebraucht wird. Für die Herrschenden, auch für Liebhaber von Ordnung und Bürokratie ist das nicht immer bequem. Kein Wunder, dass sie versuchen es einzuhegen durch Vorgaben und Richtlinien, neuerdings etwas subtiler durch Engagement-Förderung und Ehrenamts-Koordination. Weiterführend wäre eher, das vielfältige Wissen der Ehrenamtlichen fruchtbar zu machen. Partizipation statt Förderung wäre dann das Schlüsselwort. Nicht durch Studien und Gutachten eher durch Workshops oder durch einen „Rat der Weisen“ (durch Los bestimmt) aus Ehrenamtlichen.

In der Moderne wird Handeln im Geist Hannah Arendts mehr und mehr durch den Modus des Herstellens ersetzt: Management-Instrumente, Regulierungswut, dicke Handbücher mit Qualitäts-Standards, Dokumentationspflichten, eine sich laufend steigernde Bürokratisierung. Für ehrenamtlich Engagierte ist das eine unsinnige Belastung und nicht wenige werfen deshalb das Handtuch.

Gerade eine moderne Gesellschaft mit enormer Komplexität muss das Fachwissen von Experten durch das Erfahrungswissen von an der Basis Tätigen ergänzen. So entsteht kollektive Intelligenz. Für jede Organisation und für die Gesellschaft insgesamt sind die ehrenamtlich Engagierten ein unendlich großes Wissens-Reservoir. Zentralisierung von Macht und hierarchische Strukturen verhindern genau das.

 

Meinrad Bumiller

Pastorale Suchbewegungen in einer turbulenten Welt

Gesellschaftliche Umbrüche

Ein Markt der Weltanschauungen

Kirche war bis vor kurzem Monopolist und tut sich auf einem Markt schwer.

Was bringt es mir?

Nutzen-Denken, Utilitarismus, Ökonomisierung des Alltags in (fast) allen Lebensbereichen. Das wenden Menschen auch auf kirchliches handeln an.

Starke Erlebnisse

Wir leben in einer Erlebnis-Gesellschaft (Gerhard Schulze); Events ziehen an.

Wir alle sind Singles…

Individualisierung, Gesellschaft der Singularitäten (Andreas Reckwitz), Projekt-Orientierung. Einbindung in dörfliche Gemeinschaften nimmt ab, statt Bindungen pflegen wir virtuelle Verbindungen. Andererseits entstehen sogenannte Neo-Gemeinschaften – im direkten Kontakt miteinander oder digital im Netz.

Auf dem beschleunigten Karussell

In einer Welt aus den Fugen wachsen Nationalismus, Populismus, Fundamentalismus, Regionalismus. Heimatwird wieder zu einem großen Thema.

Säkular und sinnsuchend

Wir leben in einem Zeitalter der Säkularisierung bei gleichzeitig starker Sinnsuche. Letztere geht allerdings an den Kirchen weitgehend vorbei.

 

Diese Entwicklungen sind keine fremden Bedrohungen aus dem Weltall oder von einer fremden Macht – es sind die Wirkungen einer freien und offenen Gesellschaft.

 

Eine missionarische Kirche

In jeder Epoche gibt es andere Herausforderungen –
und deshalb auch ein anderes Christentum

Kirchliches Handeln

Kein Masterplan – Kirche braucht Pfadfinder !

Mission verlangt Präsenz mitten in der Gesellschaft – Hinausgehen aus dem sicheren Haus

Mission heißt heute Dialog, Dialog verlangt argumentative Kompetenz.

Als Kirche die Kultur prägen

Cultural Leadership statt Lehrsätze, 
Kunst in allen Formen statt pastoraltheologische Traktate. Musik, Bilder und Geschichten. Neue Formate wagen und eine neue Sprache.

Vielfalt leben

Katholizität ist nicht Enge sondern Weite – unendliche Weite. Es braucht systematisches und verantwortliches Experimentieren in Verkündigung, Diakonie, Liturgie.

Kirche vor Ort

Der Megatrend heißt Urbanisierung. Auf dem Land bleiben Wohnstätten – nicht Lebensstätten. Kirche kann Nähe gestalten, Begegnung, Begleitung, Treffpunkte. Leitfrage für Gemeinden:  Entstehen aus 
Gottesdiensten
auch Beziehungen?

Lebens-Räume und Kirchen-Räume

Menschen leben in Räumen und werden von ihnen geprägt. Kirchen-Räume prägen nicht nur den Gottesdienst einer Gemeinde – sie stiften auch Heimat. Welche Orte in einer Region sind geeignete Orte für spirituelles Erleben – Berge, Klöster, Kirchen, Kapellen, Wallfahrtsorte, Santiago-Wege…? Welche Räume kann eine Pastoral eröffnen – ein Café, ein Ort der Caritas, umfunktionierte Kirchenräume, ein Stand auf dem Markt, neue soziale Medien, ein Raum der Stille …?

Zukunftsfragen aufgreifen

Wer die Zukunft hat, hat die (jungen) Menschen. Zur Pastoral gehört ein aktives und kreatives Themen-Management (z.B. in einem Ökumenischen Bildungswerk); es geht um Orientierungs-Wissen angesichts von Zukunftsfragen, die alle umtreiben – Digitalisierung, soziale Gerechtigkeit, Migration, Bio-Design, Umweltschutz …

Zukunftsfähige Haltungen und Projekte

Kirchliche „Flagstores“

Pfarrhäuser und Gemeindezentren und Kirchen sollten “Flagge zeigen”. Sichtbarkeit, Offene Türen, Barrierefreiheit, Personen zum Anfassen, Willkommens-Kultur… Es braucht personale Präsenz statt Papiere und Prospekte.

Als Pfarrgemeinde Projekte definieren und umsetzen

Alle Mitbürger zum Mitmachen einladen. Beispiele: Moderne Kunst in einer Kirche installieren, kirchliche Heimatgeschichte erkunden, einen Integrationskurs für Migranten veranstalten, ein biblisches Buch präsentieren …

Den Sonntagsgottesdienst kreativ gestalten

Musik, biblische Texte und Predigt, Symbole und Rituale, Kirchenraum – es gilt Neues zu wagen.

Glauben als Erlebnis

Das Kirchenjahr in Events übersetzen ohne Schreihalsigkeit. Beispiele: Berggottesdienst an Pfingsten, einfaches Essen im Gemeindezentrum in der Fastenzeit, Wanderung als Kreuzweg am Karfreitag …

Seelsorge an Lebenswenden

Taufe, Hochzeit, Krankensalbung, Beerdigung sind missionarische Chancen, weil alle Menschen kommen.

Junge Familien sind Zukunft

Gezielte Ansprache von jungen Eltern, Kinder-Kirche, Kitas als pastorale Orte, Erlebnisse für Familien …

In soziale Brennpunkte gehen

Armut ist heute oft Beziehungs-Armut und nicht primär materielle Armut.

In Würde zuhause alt werden

Begegnungen und Treffpunkte schaffen für Ältere angesichts der demographischen Entwicklung.

Kommunikations-Plattformen und ein kirchliches Parlament als Mitte

Kirchliche Gemeinschaften entfalten menschliche Grundfähigkeiten: Geselligkeit, Vernunft, Sprache. Kollektive Intelligenz entsteht durch Zusammen-Kommen und Wissens-Austausch.

 

Kriterien für gute Fragen – Checkliste

  • Sie sind kurz (maximal 15 Worte).
  • Sie sind verständlich (keine Fremdwörter oder Abkürzungen).
  • Sie reizen, nach Antworten zu suchen.
  • Es sind vollständige Sätze mit Fragezeichen – nicht nur Stichworte.
  • Es sind keine rhetorischen Fragen.
  • Sie sind offen im Blick auf unterschiedliche Antworten.
  • Sie fragen nicht nach Nebensächlichkeiten, sondern nach zentralen und wichtigen Themen.
  • Sie fragen nach Wirkungen.
  • Sie dienen dem Ziel einer Besprechung.
  • Sie fragen nicht nur Was zu tun ist und Wie – sondern vor allem Wofür.
  • Wenn es um Konkretisierung geht, dann beginnt man am besten mit dem Wort: „Welche, Welcher, Welches…“.

Der Wind des Wandels – Haltungen, Strukturen und Kultur beim Veränderungs-Management

Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.

Aus China

Wandel wird zur Norm

Wandel ist eines der meist strapazierten Wörter der Gegenwart. Kaum ein Leitartikel, der nicht irgendeinen Wandel konstatiert, beschwört oder beklagt. Manche Institutionen reagieren auf soviel Wandel gelassen: Entwicklungen kommen und gehen, wir bleiben bestehen. Im Trubel der Innovationskongresse und der betrieblichen Umstrukturierungshektik ist eine solche Haltung wohltuend. Doch kann sich irgendeine Organisation dies auf Dauer leisten, ohne ihre Existenz zu gefährden?

Einige Stichworte können die Dramatik des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels kurz illustrieren.

  • Technologische Revolutionen: In der Computertechnik, der Telekommunikation, der Künstlichen Intelligenz, der Chemie, der Robotertechnik, im Transportwesen und – emotional am bewegendsten – in der Gentechnologie jagt eine Neuerung die andere.
  • Strukturwandel: Berufliche Arbeit entwickelt sich von der Produktions- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft, das Berufsbild vom lebenslang Angestellten zum lebenslang lernenden Selbstunternehmer.
  • Globalisierung: Nationale Schrebergarten-Mentalität ist zu Ende – eine neue Weltordnung bisher nur ein frommer Wunsch. Was immer irgendwo auf der Welt geschieht, hat ziemlich schnell Auswirkungen rund um den Erdball. Das gilt nicht nur für die Corona-Pandemie.
  • Wertewandel: Individualisierung wird zum kollektiven Schicksal, Selbstverwirklichung löst die Pflichtenethik ab, bunte Vielfalt bestimmt die Wertelandschaft von der kleinen Beziehungswelt bis zu den großen Deutungssystemen.

Angesichts der hier nur angedeuteten Veränderungsdynamik kann es nicht verwundern, daß zumindest Unternehmen, die auf dem freiem Markt agieren, nicht einfach weitermachen können wie gewohnt. Ohne Anpassung an eine veränderte Umwelt, werden sie schlicht nicht überleben. Inzwischen sind aber auch Organisationen, die, aus welchen Gründen auch immer, vom harten Wettbewerb des Marktes verschont waren, unter Druck geraten: Verbände, das Gesundheitswesen, soziale Organisationen, Kirchen, die öffentliche Verwaltung… Deren Existenz ist sicher nicht gleich gefährdet, wenn sie Veränderungen verweigern. Was zur Debatte steht, ist nicht ihr Fortbestand, wohl aber ihre Wirkungskraft, ihre Präsenz in der Gesellschaft.

 „Wenn der Boden unter deinen Füßen plötzlich weg ist…“ – Dynamik des Wandels

Wenn ein Haus umgebaut wird, mag danach alles viel schöner und praktischer sein – für die Bewohner gibt es zunächst einmal ein großes Tohuwabohu. Beim Umbau von Organisationen spricht man mit leichtem Understatement von Irritationen. Gewohnte Abläufe funktionieren nicht mehr, althergebrachte Regeln sind außer Kraft, vertraute Rezepte versagen.

Menschen sind keine Computer, die neue Eingaben nur durchrechnen müssen, bis sie wieder alles auf der Reihe haben. Dramatische Veränderungen lösen Unsicherheiten und Ängste aus. Diese sitzen tief. Rationale Argumente helfen da wenig. Veränderungsprojekte in Organisationen sind deshalb schmerzhafte und strittige Prozesse. Konfrontation und Konflikte sind an der Tagesordnung; Aufregung bis zum Aufruhr ist eine normale Begleiterscheinung; Emotionen und manchmal Eskalation gehören dazu. Durch rechtzeitiges Informieren, durch argumentatives Begründen, durch Beteiligung aller, durch Begleitung von externen Beratern können Veränderungsprozesse bewußt gesteuert werden. Irritationen, Unsicherheit und Ängste werden trotzdem unweigerlich kommen. Das zu wissen und sich darauf einzustellen, ist die erste Voraussetzung für die hohe Kunst, den Wandel zu managen.

Gibt es nicht auch die Faszination des Neuen? Natürlich gibt es die, auch in Organisationen. Nur ist sie schnell vorbei, wenn eine Organisation die erste Veränderungswelle mit entsprechenden Turbulenzen erlebt. In einer abgesicherten Wohlstandsgesellschaft und in ausgebauten Organisationen haben viele etwas zu verlieren und sind deshalb tendenziell eher skeptisch, was Veränderungsprojekte angeht. Es kann ja auch schlimmer kommen…

Viele Veränderungsprozesse in Organisationen kommen dann in Schwierigkeiten, wenn Vertrautes aufgegeben und Ungewohntes eingeführt wird, wenn das traditionelle Gleichgewicht eines Systems in Bewegung kommt und ein neues noch längst nicht in Sicht ist. Das ist die Stunde des Widerstandes, der Besitzstandswahrung, der Machterhaltung. Reformer rufen immer auch Reaktionäre auf den Plan.

Widerstand formiert sich, meistens eher verdeckt und diffus als offen und klar. Kein Grund zur Panik, meinen erfahrene Change Manager. Vielmehr eine Chance, jetzt die angefangenen Veränderungen zu überprüfen, sie falls nötig, noch einmal zu modifizieren und das Neue bewußt einzuüben und zu integrieren. Widerstand in Veränderungsprozessen verhindert die billigen, simplen Lösungen, diktiert von Managementmoden. Insofern hat Widerstand eine kritisch-konstruktive Funktion.

Gelingt es allerdings nicht, den Widerstand in einem dialogischen Lernprozeß aufzuarbeiten, dann bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Widerstand wird mit Gewalt gebrochen. Meistens wird dies zu einem Pyrrhussieg, weil eine Organisation dadurch so viele „Verwundungen“ erfährt, daß Motivation und Leistungsbereitschaft für lange Zeit sinken. Oder das Unternehmen begibt sich zurück zum Ausgangspunkt: „früher war ja alles besser“. Das Reformvorhaben ist gescheitert. In Zeiten des allgemeinen Wachstums war das weiter nicht schlimm – in Zeiten allgemeinen Wandels ist es möglicherweise der Anfang vom Ende.

Ein Kompass für unsere Zeit –
Leitbilder und Prinzipien für den Wandel

Wer mitten in einer wilden Brandung schwimmt, verliert leicht die Orientierung. Er braucht Zielvergewisserung. Wenn sich eine Organisation auf das Wagnis des Wandels einläßt, tut sie gut daran, ihre Vision von dem, was sich verändern soll, genau in den Blick zu nehmen. Wer nicht weiß, wohin er will, braucht sich nicht zu wundern, wenn er nirgends ankommt.

Kunden, Qualität und Prozesse

Kundenorientierung meint, den Kunden genau in den Blick zu nehmen, denn er (oder sie) ist die Letztinstanz, die über die Zukunft eines Unternehmens entscheidet. Grundsätzlich war dies den Unternehmern immer klar, in Zeiten eines verschärften, weltweiten Wettbewerbs aber muß es konsequenter und kreativer betrieben werden. Es gilt die Bedürfnisse des Kunden genau zu erfassen, mehr noch als sie dem Kunden selbst bewußt sind. Kunden sind heute wählerisch, ihrer Macht bewußt, von Medien informiert, sie haben spezifische, individuelle Wünsche. Sie wollen nicht nur bestimmte Produkte sondern komplette Lösungen für ihre jeweiligen Fragen und Probleme. Und diese wollen sie als ganzheitliche Dienstleistung angeboten bekommen – zuverlässig, kompetent, freundlich und schnell.

Qualitätsorientierung meint das konsequente und systematische Zufriedenstellen der Kundenwünsche durch ein Unternehmen. Es betrifft Podukt- und Servicequalität, ja sogar die Begegnungsqualität. Diese Qualität muß garantiert und gesichert sein. Das systematische Bemühen um die stetige Verbesserung der Qualität ist der Ausdruck dafür, daß der Kunde ernst genommen wird und die einzige Garantie für den dauerhaften Erfolg eines Unternehmens.

Prozessorientierung meint die Optimierung aller Abläufe im Unternehmen, die notwendig sind, um ein Produkt herzustellen oder eine Dienstleistung zu erbringen. Beschleunigung der Prozesse, Verringerung der Wegezeiten, gelungene Zusammenarbeit an Schnittstellen, gleichbleibende Ansprechpartner für den Kunden sind die Ziele.

Das dialogische Prinzip

In einen Dialog über neue Ideen einzutreten, partnerschaftlich und nicht dogmatisch-besserwisserisch, ist Basis für jeden Veränderungsprozess. Dialog meint nicht einfach häufiges Miteinander-Reden, wie das in vielen Unternehmen und Organisationen mißverstanden wird. Dialog meint „eigene Annahmen aufzuheben“ und sich auf ein „gemeinsames Denken“ einzulassen“ (Peter Senge). Diskussionspartner möchten ihre Sicht durchsetzen – Dialogpartner versuchen, die Sicht der anderen zu verstehen. Konkret: runde Tische einrichten, an denen alle teilnehmen können, jede Idee willkommen ist, Ressourcen und nicht Probleme zählen, der Geist des Brainstorming die Agenda bestimmt und nicht die vorgefertigten Papiere des Vorstandes. Jedes gute Change Management beginnt damit, das Prinzip des Dialogs ernst zu nehmen und miteinander einzuüben. Nur aus einem Dialog kommen Ideen für die Veränderungen und deren Akzeptanz.

Den Wandel aktiv gestalten – drei Dimensionen

Haltungen entwickeln

Keine Organisation wird sich wandeln, wenn ihre Mitglieder und Mitarbeitenden nicht grundsätzlich wandlungsbereit und wandlungsfähig sind. Es geht um die innere Haltung. Je mehr sich das verändert, was einmal von außen Halt gab – Normen, Werte, Gesetze, Sicherheiten, nationale und weltanschauliche Identitäten -, desto mehr zählt die innere Haltung. Haltungen kann man nicht verordnen; sie können nur wachsen. Selbständiges Arbeiten und Handeln, mutiges Entscheiden in unterschiedlichen Situationen – und das Einstehen für das eigene Tun, das Bedenken von Folgen und die Übernahme von Ver-ant-wortung. Unternehmen, die sich auf einem harten Markt behaupten müssen, brauchen Mitarbeiterinnen, die an der „Kundenfront“ nicht wie abhängige Angestellte handeln, sondern wie selbständige Unternehmer. Die Frage ist nur, ob die Unternehmensleitung tatsächlich selbstverantwortliche Mitarbeiter will. Bequem sind diese natürlich nicht. Mündige und mutige Mitarbeitende sind aber wichtigste Ressource von Organisationen, die wendig und wandlungsfähig sein wollen.

Strukturen entwickeln

Manche Organisationen besitzen schon aufgrund ihrer Größe die Unbeweglichkeit eines Tankers. Was die politische Kraft in der Gesellschaft angeht, mag dies Vorteile bringen, für ein Management des Wandels ist es ein gravierender Nachteil. Vieles spricht dafür, daß große Organisationen gegenwärtig nur dann erfolgreich sind, wenn sie dezentrale Strukturen stärken. Es geht um konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips; um dezentrale Ressourcenverantwortung. Dies verlangt Kommunikationsstrukturen, die nicht nur von oben nach unten, sondern auch umgekehrt funktionieren. „Wachstum einer Organisation heißt, daß die Reichweite, Vielfalt und Leistungsfähigkeit ihrer Kanäle zur Aufnahme von Informationen aus der Außenwelt vergrößert wird…“ (Karl W. Deutsch).

 

Die Organisationskultur entwickeln

Menschen handeln innerhalb eines Systems ziemlich logisch. Verweigern sie sich dem Wandel, beharren auf Besitzständen und zeigen sich flexibel wie eine Betonwand, ist das oft die persönliche Umsetzung der gewachsenen Unternehmenskultur. Es gehört zum „Geist des Hauses“ sich so zu verhalten. Viel hängt deshalb davon ab, ob die Kultur einer Organisation Raum bietet für Dialog, Kreativität, Experimente, Risiko und Lernen. Geprägt wird die Kultur nicht zuletzt durch das Verhalten der Führungskräfte. Durch häufiges öffentliches Auftreten geschult, sind diese oft verbale Meister des Dialogs, in der Praxis manchmal dialogische Dilettanten. Reden schaffen keinen Dialog, viele Reden sind die systematische Verhinderung des Dialogs. Dialog ist Antworten und Fragen, Reden und Zuhören, Lehren und Lernen, Geben und Nehmen – kurz: eine Zwei-Wege-Kommunikation. Was eine Organisation tut, ist nicht das primäre Thema des Change Managements – viel eher wie sie es tut.

Nur im Zusammenspiel von Haltungen, Strukturen und Organisationskultur gelingt ein organisatorischer Wandel, der die Zeichen der Zeit ernst nimmt und die eigenen strategischen Ziele konsequent im Blick behält.

Management des Wandels konkret

„Scouts“ – die Rolle von kleinen Gruppen

Der Weg in ein neues Land ist die Stunde der Kundschafter. Unternehmen, die neue Herausforderungen angehen, haben dafür eigene Instrumentarien entwickelt. Sie setzen zum Beispiel auf die kreative Kraft kleiner, interdisziplinärer Arbeitsgruppen, die sich in relativ kurzer Zeit kundig machen und mit neuen, durchdachten Ideen und Vorschlägen zurückkommen. Was immer die Namen dafür sind – Projektgruppen, Verbesserungsgruppen, Qualitätszirkel – es geht darum, in begrenzter Zeit, im Zusammenspiel vorhandener Erfahrungen, konkrete Modelle mit Varianten zu entwickeln. Liegen diese auf dem Tisch, braucht es Entsheidungen und konsequente Umsetzung.

„Workshops“ – Beteiligung ermöglichen

Ein Monopolist oder ein subventioniertes Unter­nehmen kann es sich leisten, dass nur ein paar an der Spitze denken und lenken – ein Unternehmen im Wettbewerb nicht. Sie können es auch poetischer ausdrücken: Es gilt das Gold in den Köpfen der Mitarbeiter zu heben, das sich angesammelt hat aus langer Erfah­rung, vielen Experimenten, Fehlern, Kundenkontakten und persönlichen Neigungen. Mitarbeiter beteiligen heißt Erfahrungen aktiv abfragen und auf Ideen aufmerksam hören. Wenn man dies nicht zwischen Tür und Angel macht, sondern Zeit und Raum dafür bereit stellt, entsteht ein Workshop. Dies ist ein etwas vager Sammelbegriff für unterschiedliche Formen, systematisch und moderiert Mitarbeiter zu beteiligen – egal ob es 5 oder 500 sind.

„Talentschuppen“ – Personal entwickeln

Veränderungen gestalten Menschen nicht Maschinen. Mitarbeiter deren Talente durch eine systematische Personalentwicklung gefördert und gefordert werden, trauen sich das auch. Es ist wie bei einem Fußballspiel: Vor dem Anpfiff braucht es Training und taktische Abstimmung – im Spiel selbständiges Agieren jedes Spielers und Achten auf die anderen im Team – danach gemeinsames Reflektieren und Lernen. Dazu gehört, dass sich ein Vorgesetzteer als Coach versteht und nicht als Oberexperte, dass alle Formen interner und externer Fort­bildung gezielt eingesetzt werden. Nicht hier ein Kurs und dort eine Tagung aus irgendeinem dickleibigen Weiterbildungskatalog, sondern Auseinandersetzung mit dem einzelnen Mitarbeiter, mit seinen Herausforderungen, mit sei­nen Stärken und Schwächen. Ein Entwicklungsprogramm vereinbaren, individuell und spezi­fisch.

„Teams“ – Kooperation praktizieren

Hinter der Hinwendung zur Teamarbeit im modernen Management steht die anthropologisch tief verwurzelte Bedeutung kleiner Gruppen für die Gestaltung des menschlichen Lebens. Menschen wollen soziale Kontakte und können ihre Potenziale am besten in überschaubaren, mit unterschiedlichen Talenten besetzten Gruppen entfalten. Allerdings, das Zusammenkommen mehrere Personen zu einer Sitzung oder in einer Abteilung ist noch längst nicht Teamarbeit. Es geht um gemeinsame Ergebnisverantwortung. Wird einem Team Verantwortung übertragen, dann entwickelt es mit erstaunlicher Leistungskraft und Kreativität Ideen und setzt diese um. So wird ein Team auch ganz selbstverständlich zu einem „Lernort“ im Unternehmen.

„Schlankheitskur“ – Hierarchien abbauen

Fast alle Unternehmen begannen in der Garage. Veränderungsmanagement ist kein Problem. Zum Problem wird dies erst in den ausgebauten Konzernzentralen aus Glas und Beton. Machterhaltungstendenz der Mächtigen ist der größte Feind notwendiger Veränderungen. Die ausgebauten hierarchischen Systeme, die Macht sehr weit oben zentralisieren, weichen heute zugunsten der Ermächtigung der Mitarbeitenden an der Basis. Eine „Schlankheitskur“ für Organisationen darf sich nicht im Sparen durch Stellenstreichungen erschöpfen, sondern muss die hierarchische Pyramide umdrehen: Oben sollten die „Kunden“, die Adressaten stehen, dann kommen die Mitarbeiter, die mit ihnen und für sie schaffen und dann erst kommen die Führungskräfte. Deren Aufgabe ist es, hilfreiche Dienstleistungen für die Mitarbeiter zu erbringen. Was hilfreich ist, muß auch aus der Perspektive der operativ Handelnden, nicht nur der Organisationszentrale entschieden werden.

Gute Organisationen graben ihre Ressourcen aus

Change Management ist kein technokratisches Instrument, um Effektivität zu verbessern oder Mitarbeiter von den Vorhaben der Chefs zu überzeugen. Change Management ermutigt die Chefs eher zur Kunst des „Loslassens“. Es geht darum, den Mitarbeitenden Freiräume zu eröffnen, um aus ihrer Sicht notwendige Veränderungen durchzuführen, so dass sie selbst dafür Verantwortung übernehmen können. Das ist eine Grundhaltung, ein Ethos; als bloße Technik ist es unwirksam. Letztlich geht es um Vertrauen und Zutrauen in andere Menschen – nicht auf Macht, sondern auf Ressourcen setzen. Daraus wächst Zukunftsfähigkeit.

Meinrad Bumiller